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Warum bin ich Vater?

Wenn schon denn schon. Ich steige direkt mit einer der tiefgründigsten und grundsätzlichsten Fragen zum Vatersein ein: Warum bin ich Vater?

Ich bin überzeugt: es hat einen ganz bestimmten Grund, dass wir Vater werden und sind.

Ich weiss nicht, wie es dir geht, aber für mich ist es nicht einfach Zufall, dass ich Vater bin. Weder ist es aus einer Laune heraus passiert, noch hatte das Leben gerade nichts besseres mit mir vor.


Die Frage nach dem eigentlichen Sinn des Vaterseins hat mich bereits ein paar Wochen begleitet und beschäftigt. Was kann also dieser Grund sein, dass ich Papa bin?

Eines vorweg: Dass ich Daddy bin, ist eines der grössten Geschenke, die mir das Leben machen konnte. Und eine der schönsten und gleichzeitig wichtigsten Aufgaben im Leben eines Mannes. Ohne wenn und aber.



Der Lebensbaum


Ich habe da so eine Theorie... ohne Anspruch auf wissenschaftliche Herleitung oder Wahrheit, sondern einzig und allein meinen Gedanken entsprungen.

Basis dieser Theorie bildet ein eigenes Modell namens «Lebensbaum». Ein einfaches Prinzip, das für mich sehr viel mit dem Leben generell und dem Vatersein im Besonderen zu tun hat.

Stell dir einen Baum als Querschnitt vor. Hier zeigen sich alle Rillen oder Ringe eines Baumes, die sich von innen nach aussen abbilden. Hunderte von Ringe. Vom Kern bis zur Rinde.


Nach diesem Prinzip sehe ich auch unser Leben. Wir kommen auf diese Welt und sind in allererster Linie Mensch. Im Kern sind wir Mensch.

Mensch sein entspricht der zentralsten Rolle, die wir im Leben einnehmen. Ab Geburt.

Indem wir dann die ersten Jahre unseres Lebens verbringen und grösser werden, kommen immer mehr Schichten und Rollen hinzu. Diese symbolisieren die Baumringe.

So kommt beispielsweise das Geschlecht hinzu: Mädchen oder Junge, respektive Frau oder Mann. Für die Eltern eine der brennendsten Fragen, ob vor oder nach der Geburt: Was ist es denn, Herr Doktor? Männlein oder Weiblein?

Aus meiner Sicht als Vater beschränke ich die weiteren Rollen auf den männlichen Part. Die Mamis und weiblichen Leserinnen mögen es mir bitte verzeihen.



Unser Rollendschungel


Weitere Rollen sind dann Baby und später Kind sein. Gleichzeitig sind wir Sohn. Gibt es Geschwister, kommt die Rolle des Bruders hinzu.

Als Bestandteil eines kulturellen, sprachlichen und soziopolitischen Systems sind wir automatisch Bürger, und damit Teil einer Gesellschaft – oder Neudeutsch Community.

Im Rahmen des Aufwachsens kommen Freundschaften hinzu und machen uns zu einem Freund. Zuerst rein platonisch, mit Entwicklung zum Teenager dann auch mit emotionalen und intimen Erfahrungen.

Aus unbeholfenen Bitte-ankreuzen-Ja-Nein-Vielleicht-Liebschaften werden erste Beziehungen und später ernstgemeinte Partnerschaften, die in einer Lebenspartnerschaft als Ehemann sogar ihren Höhepunkt finden können. Im besten Fall sogar für den Rest des Lebens.

Dazwischen erleben wir unsere Ausbildung als Schüler, Lehrlinge oder Studenten und machen erste berufliche Erfahrungen als Arbeitnehmer oder Selbständige. Für manche geht es dann sogar noch die berufliche Leiter hoch – sie werden Chefs oder Unternehmer.

Mittendrin oder danach übernehmen wir dann noch die nicht ganz unwichtige und für diesen Blogpost entscheidende Rolle des Vaters. Zuerst nur einmal, für alle Zwillingsväter gleich doppelt, dann ein zweites, drittes, viertes Mal. Da ist ja das Mass nach oben offen.

In meinem Fall waren es zweimal, was absolut OK ist. Mit unseren zwei wunderbaren Kids sind meine Frau Fabienne und ich reich genug beschenkt.




Was uns Menschen vom Baum unterscheidet


Zwischenfazit: Das sind bereits unzählige Rollen – oder eben Baumringe – die da im Verlauf des Erwachsenwerdens entstanden sind. Ohne dass wir gross gefragt werden. Wir bekommen diese Rollen einfach mit auf dem Weg namens Leben.

Soweit so gut alles OK. Nur verhalten wir uns anders als ein Baum. Ein Baum erweitert und vervollständigt sich mit jedem Ring.


Wir aber entfernen uns mit jeder zusätzlichen Rolle immer mehr vom Kern.

Ihr erinnert euch: im Kern sind wir einfach Mensch. Wir stärken uns also nicht baumlike als Einheit, sondern halsen uns Schicht um Schicht neue Aufgaben auf und verlieren dabei den Kontakt zur inneren Mitte.




Die Trennung vom Kern «Mensch»

Bei mir war das eindeutig der Fall. Je erwachsener dass ich wurde, je mehr Rollen dass ich inne hatte, desto mehr habe ich mich vom wesentlichen Kern des Lebens getrennt: dem Mensch sein.

Statt mich als Baum mit seinen Ringen als Einheit zu fühlen, habe ich eher Mauern aufgebaut, welche die einzelnen Rollen voneinander getrennt haben. So wurde die Verbindung zum Kern gekappt.

Als Multioptions-Gesellschaft haben wir unzählige Möglichkeiten und dank Internet Zugang zu allem. In Kombination mit dem Rollendschungel, den wir tagtäglich leben, empfinde ich das oft als Überforderung.

Ergänzt durch die Leistungsorientierung und den Druck, den wir spüren oder sogar selber auf uns ausüben, entwickeln wir uns immer mehr in Richtung Baumrinde.

In meinem Lebensbaum-Modell steht diese Rinde für unser Ego. Offenbar lassen wir uns von unserem Ego dominieren, denn wir entwickeln uns immer mehr zu einer funktionierenden Maschine. Ohne Schwäche, mit vollem Einsatz, ohne Auszeit.

Doch kann das gut gehen? Und wollen wir das wirklich?

Ich bin überzeugt: Nein! Der Weg vom Mensch zur Maschine widerstrebt uns. Er entspricht nicht unserem Naturell als Spezies. Im Kern bzw. im Herzen sind wir Mensch. Sozial, lebenslustig, einzigartig.

Je mehr wir uns davon entfernen, desto mehr leben wir im Gegensatz.



Die Kraft der Kinder


Und da kommen für mich die Kinder ins Spiel. Da erkenne ich den wahren Grund, warum ich Vater bin. Denn Kids kommen auf die Welt und sind vor allem eins: Mensch. Und sie bleiben es auch die ersten Monate und bestenfalls sogar Jahre.

Wenn ich meine zwei Kids beobachte, die nun sechs und drei Jahre alt sind, dann verhalten sie sich in erster Linie einfach menschlich. In allem, was sie tun.

Da sie voll in ihrem Wesen als Mensch sind, bringen sie mich automatisch näher zu mir und damit auch näher an den Kern unseres Wesens: dem Mensch sein.

Meine Kleinen bringen mich so dazu, mich auf das zu besinnen, worauf es im Leben eigentlich ankommt. Sie lassen mich auch spüren, wie weit ich mich bereits davon entfernt habe. Sie bringen mich wieder dorthin, wo ich ursprünglich war und wo ich letztendlich auch wieder hin möchte.

Ich bin fest überzeugt, dass wir spätestens an unserem letzten Tag auf dieser Erde wieder im Kern – und damit ganz im Herzen – ankommen und einfach Mensch sind.

Nur finde ich es extrem schade, wenn wir bis zu diesem letzten Tag damit warten.

Darum erkenne ich meine Rolle als Vater als klares Zeichen, als Chance, als Geschenk, um diesen Prozess zurück zum Mensch sein ganz bewusst anzustossen.




Von den Kleinen lernen (dürfen)


Meine Kids halten mir knallhart den Spiegel vor. Sobald ich mich davon entferne, Mensch zu sein und zu leben, lassen sie es mich sofort spüren.

Denn sie wissen ganz genau, um was es im Leben geht. Ohne dass sie es gelernt haben. Sie haben es einfach in sich. Weil sie einfach Mensch sind.

Die Frage ist nur, ob ich das zulasse und spüren will, oder ob ich es ignoriere oder sogar dagegen ankämpfe.


Ist klar, die Kids nerven, schreien, heulen und treiben uns zur Weissglut. Das ist alles andere als cool oder easy. Das hat aber aus meiner Sicht aber auch damit zu tun, dass wir Papas uns vom menschlichen Kern entfernt haben.

Statt sie zu belehren, in meine Richtung zu ziehen und sie zwinge, mehr Rollen zu übernehmen, bewege ich mich lieber auf sie zu. Was nicht heisst, dass ich wieder Windeln tragen oder Babybrei essen möchte. Es heisst, dass ich wieder lerne, was es heisst, zu leben: Mensch sein, Freude haben. Punkt.

Das ist meine Sicht und ganz persönliche Überzeugung. Wie siehst du das? Bin ich für dich ein Freak? Oder teilst du meine Gedanken?

Sofern ich dich damit zum Nachdenken angeregt habe, bin ich schon mehr als happy. Denn du tust das für dich. Und damit auch direkt für deine Familie. Dein Leben bist nämlich du.


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