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Was Fasten mit Hingabe zu tun hat


Hingabe ist für mich einer DER Schlüssel, wenn es um ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben geht. Warum das so ist beschreibe ich im Blogpost «Spiel des Lebens».


Dabei dachte ich stets, dass Hingabe bedeutet, sich mental und emotional allem hinzugeben, was sich gerade zeigt und ist. Also faktisch und praktisch jedem Impuls zu folgen, der sich gerade offenbart. Macht soweit auch Sinn.


Ein 10-tägiges Heilfasten hat mich jedoch erkennen lassen, was Hingabe wirklich bedeutet. Auch wenn die Absicht eine andere war, so hat mir diese Fasten-Erfahrung wichtige Erkenntnisse geliefert.




Warum eigentlich Fasten?


Genau diese Frage habe ich mir in diesen 10 Tagen immer wieder gestellt. Oder besser gesagt: Mein Verstand hat sie mir immer gestellt. Warum nur?


Ich erinnere mich, dass meine Mutter immer wieder mal gefastet hat, als ich noch ein Kind und Jugendlicher war. Das habe ich damals weder ernst genommen noch hinterfragt. Mama halt... Die macht immer wieder mal was komisches.


Und irgendwie wusste ich, dass Fasten für Körper und Geist einen positiven Effekt haben kann. Nur habe ich mich nie wirklich damit beschäftigt. Wohl auch deshalb, weil Essen für mich Lebensqualität bedeutet. Und wer verzichten schon freiwillig gerne auf Lebensqualität?


Nun haben sich die Fastenerlebnisse in meinem Umfeld gehäuft. Das hat mich dazu veranlasst, es selbst einmal zu machen. Denn ich probiere und erfahre selbst gerne neue Sachen, bevor ich sie einfach in eine dieser vorgefertigten Gehirn-Schubladen stecke.


Durch eine solche Selbsterfahrung habe ich übrigens auch die vegane Ernährung ausprobiert. Daraus wurden nun 2.5 Jahre, in welchen ich mich mittlerweile pflanzenbasiert ernähre.


Also habe ich mich diesem Fasten-Abenteuer hingegeben. Mit Unterstützung durch einen Online-Kurs von Prof. Michalsen. Denn ich lasse mich jeweils gerne von sich auskennenden Menschen begleiten. Und die Beschreibung der positiven Wirkung hat mich definitiv überzeugt.


Durch meinen eigenen Heilprozess der Multiple Sklerose bin ich zudem sensibilisiert, was die Rolle und Relevanz unseres Darms ist. Ergo: Was dem Darm gut tut, tut auch dem Körper gut. So einfach.


Genug Gründe, um das Fasten mindestens einmal am eigenen Körper zu erfahren.




Das Selbst-Experiment


Ich erspare dir die Einzelheiten in Form eines Fastentagebuchs. Denn die Tage sind geprägt von ganz viel Monotonie, Wiederholung und einem komischen Geschmack im Mund.


Sicher hat es mich unterstützt, dass meine Frau Fabienne mitgemacht hat und wir diese Erfahrung miteinander teilen konnten. Auch wenn wir so beide an unsere Grenzen gekommen sind, sehr zum Leidwesen unserer zwei Kids.


Auch haben mir die zwei Vorbereitungstage geholfen, mich langsam heranzutasten und meinen Körper mit wenig (fester) Nahrung vorzubereiten. So war die Umstellung auf die rein flüssige Ernährung etwas sanfter.


Auch wenn mich das Abführen mittels Glaubersalz Überwindung gekostet hat, so bin ich froh, es gemacht zu haben. Denn ich hatte das Gefühl, dass mein Darm sich so wirklich leeren und reinigen kann. Auf zusätzliche Einläufe habe ich aber verzichtet...


Die 5 reinen Fastentage waren dann geprägt von einem Wechselbad aus Hunger, Überzeugung, Wille, wieder Hunger, Lustlosigkeit, Wut, Mut, ach ja, Hunger – und eben von wertvollen Erkenntnissen.


Wie die Erkenntnis, dass es nicht wirklich Hunger ist, sondern viel mehr die (gewohnte) Lust auf Essen. Also gar nicht das Brauchen, sondern viel mehr das Wollen. Viel weniger der Körper und viel mehr der Verstand.


Und daraus kam die Erkenntnis, was Hingabe wirklich bedeutet. Für mich jedenfalls.


Ausgelöst wurde diese Erkenntnis durch ein Laugenbrötchen, das meine Kinder ganz genüsslich vor meinen Augen verzehrt haben.


An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Fasten sicher nicht einfacher ist, wenn man gleichzeitig für seine Kinder immer kochen und ihnen beim Essen zusehen darf. Aber auch das geht...


Selten hat mich etwas so angelacht und angemacht wie dieses Brötchen. Ich konnte förmlich fühlen, wie sehr vieles in mir nach diesem Brötchen verlangt. Ich hatte sogar das Gefühl, dass es mit mir spricht: «Komm schon, nimm mich! Iss mich! Jaaa! Ich bin sooooo gut.»


Das löste wiederum einen Kampf und ganz viele Fragen in mir aus. Ach komm, was soll's? Ist doch nicht schlimm? Warum eigentlich fasten? Warum quälst du dich? Wem willst du etwas beweisen? Gib dich deinem Impuls doch einfach hin. Ist das nicht einfach Hingabe?


Und da wurde es mir klar...




Wahre Hingabe – oder so


Mir wurde klar, dass Hingabe nicht bedeutet, jedem Impuls zu folgen und sich einfach allem hinzugeben. Mir wurde klar, dass Hingabe auch bedeutet, etwas auszuhalten. So wie Gefühle, die wir nicht fühlen möchten. Wie zum Beispiel in diesem Fall ein Gefühl von Mangel, Verzicht oder Qual. Einfach das mal aushalten.


Und sich dabei bewusst werden, worum es eigentlich geht.


Warum faste ich überhaupt? Weil ich diese Erfahrung machen möchte. Weil ich erleben möchte, wie das ist und wie es sich anfühlt. Weil ich wissen möchte, was das mit mir macht.


Natürlich mache ich das freiwillig – also aus freiem Willen. Und so kann ich natürlich jederzeit die Vorgaben anpassen, etwas «schummeln» oder sogar abbrechen. Das ist mein freier Wille.


Ich kann wählen, dieses Brötchen einfach zu essen. Mich vom geistigen Leiden zu befreien. Ganz einfach. Oder ich kann wählen, darauf zu verzichten, das vermeintliche Leid auszuhalten und einfach weiter zu fasten.


Die entscheidende Frage ist: Welche Erfahrung möchte ich machen?

Es ist meine Wahl. Meine Erfahrung. Also frage ich mich: Auf welche Erfahrung habe ich Bock? Welche Erfahrung bringt mir wohl mehr? Welche Erfahrung ist zu meinem höchsten Wohl?


Das beste dabei: jede Erfahrung ist richtig!


Wir können gar keine falsche Erfahrung machen. Und somit können wir uns auch gar nicht falsch entscheiden. Wir können aber Erfahrungen machen, die wir vielleicht bereits kennen – oder die neu für uns sind. Und wir dürfen uns bewusst werden, welche Konsequenzen unsere Wahl haben kann. Und daraus etwas lernen.


Ist es also richtig, der Verlockung nachzugeben und das Brötchen zu essen? Ja! Und ist es richtig, der Verlockung zu widerstehen und das Fasten durchzuziehen? Ja!


Also, ist doch ganz einfach...


Ich habe mich jedenfalls entschieden, die Verlockung auszuhalten, die sich dann in Form von Müesli, Pasta, Salat, Popcorn, Banane, Apfel, Chips, usw. immer wieder gezeigt hat. Und mich entschieden mich der übergeordneten Erfahrung des Fastens hinzugeben.


Zu meinem eigenen Glück! Denn nebst der Erkenntnisse wurde ich mit einem Erlebnis belohnt, das ich so in dieser Form noch nie hatte.


Ich habe erleben und neu entdecken dürfen, wie sensationell das Essen schmeckt.


Den Geschmack eines Apfels, einer Kartoffel, von Spinat, Brokkoli, Kürbis oder Haferbrei wieder bewusst wahrzunehmen. Wow! Was für eine Dankbarkeit und Achtsamkeit.


Und ich habe richtig Lust bekommen, wieder kreativ zu sein und neue Rezepte auszuprobieren. Und so durfte ich bereits am ersten Tag nach der Fastenzeit mit einem Volkornbrot-Avocado-Tofu-Scrumble eine Geschmacksexplosion erleben, die mich und meine Sinne verzaubert hat.


Alleine dafür hat es sich gelohnt. Und alleine deshalb werde ich diese Erfahrung wieder machen wollen.




UND JETZT?


Vielleicht hast du dieses Beispiel für dich bereits auf das Leben allgemein projiziert. Denn für mich ist das eine wunderbare Lebens-Metapher. Indem wir im Leben immer wieder Situationen erleben, wo wir entweder einem Impuls folgen oder etwas aushalten.


Soll ich diese Schoggi essen? Soll ich diese Zigarette rauchen? Soll ich mir diesen Drink gönnen? Soll ich kalt duschen? Soll ich heute wieder Joggen? Soll ich das neue Handy kaufen? Soll ich die teuren Ferien buchen? Soll ich meine Eltern besuchen? Soll ich mich auf diese Frau einlassen? Soll ich mit diesem Mann ins Bett? Soll ich meine Beziehung beenden? Soll ich meinen Job kündigen? Soll ich einfach weiter funktionieren? Soll ich einfach mal ehrlich sein?


Es geht für mich nicht darum, immer dem Impuls zu folgen oder immer etwas auszuhalten. Auch hier geht darum, die Balance zu finden. Vor allem geht es um weniger sollen und um viel mehr möchten.


Also nicht: Soll ich dieses Brötchen essen? Oder soll ich weiter fasten? Sondern: Möchte ich dieses Brötchen wirklich essen? Oder möchte ich wirklich fasten?


Und mich immer wieder vom eingeschränkten Tunnelblick in die beobachtende Helikoptersicht zu befördern.


Die Sicht, die das grosse Ganze erblickt und so auch die Konsequenzen sieht. Und mich so zu fragen, ob ich mich der kurzfristigen Befriedigung oder doch lieber dem grossen Ganzen hingebe.


Möchte ich also die Erfahrung machen, das Brötchen zu essen und damit das Fasten zu «brechen»? Und damit mein physisches und kurzfristiges Bedürfnis nach Essenslust befriedigen?


Oder möchte ich lieber erfahren, wie sich eine echte Fastenzeit wirklich auswirkt? Und damit mein seelisches Bedürfnis nach Wachstum und Reife befriedigen?


Oder als Lebens-Beispiele:


Möchte ich wirklich diese Zigarette rauchen, die mir zwar für einen kurzen Moment Freude bereitet aber meiner Gesundheit schadet? Oder möchte ich wirklich gesünder leben, verzichte deshalb darauf und halte diesen Mangel aus?


Möchte ich wirklich einen Job machen, der mir zwar Geld bringt aber meine Lebensfreude trübt? Oder möchte ich erfüllter sein, verzichte deshalb auf eine vermeintliche Sicherheit und halte diese Ungewissheit aus?


Möchte ich wirklich das tun, was erwartet wird, damit ich anderen gefalle, mich selbst aber missachte? Oder möchte ich wirklich meinen Weg gehen, verzichte deshalb auf die Anerkennung von anderen und halte auch die Einsamkeit aus?


Allesamt Beispiele, dich ich aus eigenem Erleben kenne. Beispiele, die mir gezeigt haben, dass es sich wirklich lohnt, den Weg der Gesundheit, Erfüllung und Selbstverwirklichung zu wählen. Und deshalb immer wieder auch zu verzichten und auszuhalten.


Doch so oder so: Jede Antwort und damit jede Entscheidung ist richtig. Immer. Denn sie führt einzig und allein zu einer weiteren Erfahrung, die uns lernen und im besten Fall daran wachsen lässt. Wenn wir denn möchten.


Ja, so einfach ist es. Und ja, das Leben ist einfach. Weil das Leben einfach IST.


Also, welche Erfahrung möchtest du machen?



 

Vielleicht hilft dir gerade eine kurze Meditation, die dir mehr Kraft und Vertrauen schenken darf.




 

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